DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht hatte am 15. Juni 1961 auf die Frage der Journalistin Annamarie Doherr, ob die DDR die Mauer am Brandenburger Tor errichten wolle, noch so geantwortet:
„Ich verstehe Ihre Frage so, dass es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter unserer Hauptstadt hauptsächlich mit dem Wohnungsbau beschäftigen, und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“
Doch wenige Wochen später befahl der SED-Generalsekretär die Mauer rund um West-Berlin, verharmlosend und sachlich falsch als „antifaschistischer Schutzwall“ deklariert, zu errichten. Walter Ulbricht hatte diesen Coup zusammen mit Erich Honecker geschickt eingefädelt. Der damalige Innenminister Karl Maron ließ im Punkt 3 des Befehls 003/61 (auch als „Maron-Befehl“ bekannt) dieses verkünden:
„Die U-Bahnzüge der Linie A aus und in Richtung Pankow enden und beginnen auf dem U-Bahnhof Thälmannplatz und aus und in Richtung Westberlin auf dem U-Bahnhof Potsdamer Platz. Die U-Bahnzüge der Linie C halten im demokratischen Berlin nur auf dem Bahnhof Friedrichstraße. Alle anderen im demokratischen Berlin gelegenen U-Bahnhöfe werden für jeglichen Publikumsverkehr gesperrt. Die im demokratischen Berlin gelegenen U-Bahnhöfe der Linie D werden für jeglichen Publikumsverkehr gesperrt. Der Bahnhof Warschauer Brücke der U-Bahn-Linie B wird für jeglichen Publikumsverkehr gesperrt.“
Durch diesen Beschluss wurden die Bahnhöfe der Linien C und D im Ostsektor zu sogenannten „Geisterbahnhöfen“. Die Umsteigemöglichkeiten an den Bahnhöfen Alexanderplatzund Stadtmitte wurden zugemauert.
Die BVG ließ ihre Züge jedoch nicht wie von Karl Maron geplant am Potsdamer Platz kehren, sondern bereits eine Station zuvor am Gleisdreieck. Dort hatte man als Vorsichtsmaßnahme Anfang der 1950er Jahre die Kehrgleise eingebaut. So benutzte die BVG-Ost den Bahnhof Potsdamer Platz nach Absprache mit der West-BVG als Kehranlage.
Mit diesem Beschluss waren die letzten gemeinsamen Berliner Verkehrsmittel, U-Bahn und S-Bahn, getrennt, denn die Straßenbahn fuhr schon seit 1953 (Anlass war, dass die West-Berliner Polizei Straßenbahnzüge mit Fahrerinnen stoppte) und die Omnibusse schon lange nicht mehr über die Sektorengrenze.
Die Folge des 13. August 1961 war, dass in West-Berlin zu einem S-Bahn-Boykott für die von der Deutschen Reichsbahn betriebenen Strecken aufgerufen wurde. Es skandierten nicht selten die Sprüche: „Der S-Bahn-Fahrer zahlt den Stacheldraht“ oder „Keinen Pfennig mehr für Ulbricht“. So fuhren die Berliner mehr mit U-Bahn, Bus und – wenn noch vorhanden – mit der Straßenbahn.
Für die Nutzung der beiden Nord-Süd-Strecken, auf deren „Geisterbahnhöfen“ die Züge nur langsam durchfahren konnten und deren Bahnsteige lange Zeit von bewaffneten„Grenzorganen“ bewacht wurden, zahlte der West-Berliner Senat jährlich 20 Millionen Mark an die DDR.